Pressemitteilung 015/2024 des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg
Das Modellprojekt „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung“ (kurz „SOS nach Vergewaltigung“) wird erweitert: Die Immanuel Klinik Rüdersdorf wird die zwölfte Partnerklinik im Land Brandenburg. Betroffene von sexualisierter Gewalt, die nicht oder nicht direkt nach der Tat zur Polizei gehen möchten, haben ab sofort die Möglichkeit in der Immanuel Klinik Rüdersdorf Tatspuren gerichtsverwertbar sichern zu lassen, ohne vorausgehend eine Anzeige bei der Polizei zu erstatten.
Gesundheits- und Frauenministerin Ursula Nonnemacher: „Gerade nach einer Sexualstraftat ist es besonders wichtig, sich so schnell wie möglich in ärztliche Behandlung zu begeben, auch wenn keine sichtbaren Verletzungen vorhanden sind. Viele Betroffene empfinden Scham- und Schuldgefühle, die sie davon abhalten, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch Angst ist ein entscheidender Faktor, der dazu führen kann, dass die Betroffenen erst nach Jahren in der Lage sind, über das Erlebte zu sprechen. Neben den gesundheitlichen Risiken, die ansonsten nicht ausgeschlossen werden können, gehen auch wichtige Beweismittel wie Tatspuren mit der Zeit verloren, wenn keine medizinische Begutachtung und anschließende Befunddokumentation erfolgt. Das Angebot der medizinischen Soforthilfe und ver-trauliche Spurensicherung ist deshalb für Betroffene sehr wichtig.“
Seit 2019 koordiniert das Brandenburgische Landesinstitut für Rechtsmedizin (BLR) dieses Angebot im Land Brandenburg. Institutsdirektor und Projektleiter Prof. Dr. med. Knut Albrecht: „Wir heißen die Immanuel Klinik Rüdersdorf als neue Partnerklinik willkommen und freuen uns über ihre wertvolle Unterstützung im Umgang mit Gewaltbetroffenen sowie auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit in der Zukunft. Mit diesem Angebot wird im Land Brandenburg eine qualitative klinisch-forensische und zeitnahe Versorgung nach sexualisierter Gewalt sichergestellt. Die Hemmschwelle, sich unmittelbar nach einem sexuellen Übergriff an die Polizei oder eine andere Unterstützungseinrichtung zu wenden, ist für Betroffene in einer solchen Ausnahmesituation hoch. Daher sollten die Zugangswege möglichst niedrigschwellig und kurz gehalten werden. Umso erfreulicher ist es, dass mittlerweile zwölf Kliniken im Land Brandenburg eine medizinische Erstversorgung und Dokumentation von Verletzungen nach Sexualdelikten anbieten und dies nun auch am Standort Rüdersdorf möglich ist.“
Dr. med. Lucas Hegenscheid, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe in der Immanuel Klinik Rüdersdorf: „Nach einem solch traumatisierenden Vorfall ist eine sichere Anlaufstelle sehr wichtig. Wir in der Immanuel Klinik Rüdersdorf arbeiten schon sehr lange mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen und haben auch schon in den vergangenen Jahren eine sichere Atmosphäre für die Betroffenen geboten. Mit der Aufnahme in den Verbund „SOS nach Vergewaltigung“ haben wir die Möglichkeit, Hilfe anzubieten und Spuren zu sichern, bevor der oft schwierige Entschluss zur Anzeige getroffen werden muss.“
Die Betreuung von Gewaltbetroffenen umfasst nicht nur die medizinische Versorgung, sondern auch eine umfassende Nachsorge. Der Opferhilfe Land Brandenburg e.V. ist Teil des Nachsorgenetzwerkes und bietet als Fachberatungsstelle psychosoziale Beratung an. Ausgehend von den individuellen Bedürfnissen der Opfer erhalten Betroffene von sexualisierter Gewalt professionelle psychotraumatologische Unterstützung bei der Bewältigung der Tatfolgen und sozialpädagogische Begleitung im Strafverfahren.
Susanne Ullrich, Leiterin der Beratungsstellen des Opferhilfe Land Brandenburg e.V.: „Wir freuen uns sehr, die Immanuel Klinik Rüdersdorf als Partnerklinik für das Projekt „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung“ im Jahr 2024 begrüßen zu können. Wer Opfer einer Sexualstraftat geworden ist, kann sich aus Scham oder Angst oft nicht sofort zu einer Strafanzeige durchringen. Tatspuren durch geschultes ärztliches Personal dokumentieren und Spuren vertraulich sichern zu lassen ermöglicht Betroffenen, in Ruhe entscheiden zu können, ob zu einem späteren Zeitpunkt eine Strafanzeige gestellt werden soll. Nach der Untersuchung erhalten Gewaltopfer Informationen für eine weiterführende Nachsorge, die kostenlos in Anspruch genommen werden kann. Als Kooperationspartner unterstützen wir mit insgesamt sechs Fachberatungsstellen an den Standorten Potsdam, Brandenburg/Havel, Frankfurt/Oder, Neuruppin, Cottbus und Senftenberg im Land Brandenburg das Projekt und befürworten eine enge Vernetzung mit den Partnerkliniken.“
Beteiligte Partnerkliniken, die eine medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung anbieten, sind das Alexianer St. Josefs-Krankenhaus Potsdam, Asklepios Klinikum Uckermark, Carl-Thiem-Klinikum Cottbus, GLG Werner Forßmann Klinikum Eberswalde, Klinikum Ernst von Bergmann Potsdam, Klinikum Frankfurt (Oder), Kreiskrankenhaus Prignitz, die Oberhavel Kliniken, Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel, Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg, das Helios Klinikum Bad Saarow und nun auch die Immanuel Klinik Rüdersdorf.
Weitere Informationen zum Thema vertrauliche Spurensicherung:
https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/themen/frauen-und-gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/hilfe-nach-vergewaltigung/
https://www.opferhilfe-brandenburg.de/hilfe/vergewaltigt-was-nun/
Kontaktdaten der neuen Partnerklinik:
Immanuel Klinik Rüdersdorf
Seebad 82/83
15562 Rüdersdorf bei Berlin
Telefon: 033638 83-355
Kontaktdaten der Koordinierungsstelle:
Brandenburgisches Landesinstitut für Rechtsmedizin (BLR)
Lindstedter Chaussee 6, 14469 Potsdam
Telefon: 0331 56 85-0
E-Mail:
vss(at)blr.brandenburg.de
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