Gedenkveranstaltung zur Enthüllung von fünf Stolpersteinen in Herzfelde

Am 8. Mai 2021 wurden fünf Stolpersteine in Gedenken an die während des Nationalsozialismus verfolgte, vertriebene und ermordete Familie Herrmann aus Herzfelde in der Hauptstraße 13 enthüllt.

Geehrt werden auf diese Weise:

  • Emma Herrmann (1859-1943)
  • Paul Herrmann (1886-1943)
  • Antonie Herrmann (1890-1943)
  • Günther Herrmann (1921-1943) und
  • Rolf Martin Herrmann (1925-2019)


Die Begrüßung und einleitenden Worte dieser kleinen Gedenkveranstaltung übernahmen die Initiatoren der "AG Stolpersteine in Rüdersdorf". Danach sprach Bürgermeisterin Sabine Löser. Im Anschluss trugen Schüler und Schülerinnen des Heinitz-Gymnasiums Gedichte vor. Nach der Verlesung der fünf Biographien wurden die Stolpersteine enthüllt.

Auszüge aus der Rede von der Bürgermeisterin am 8. Mai 2021 zur Enthüllung der fünf Stolpersteine:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte meine kurze Rede mit einer Entschuldigung beginnen:
Als wir uns im vergangenen November dazu entschlossen, die lange geplante Stolpersteinverlegung, die gemeinsam mit Gunter Demnig stattfinden sollte, aufgrund der Pandemie zu verschieben, glaubten wir, der 8. Mai 2021 sei ein guter Termin. Einerseits, weil es der Tag der Befreiung ist und anderseits auch, weil wir glaubten, dass wir bis dahin mit Gewissheit eine Situation haben, die eine solche Veranstaltung im würdigen Rahmen und ohne Corona-Einschränkungen zulässt.

Was wir dabei vollkommen außer Acht gelassen haben, war der Wochentag. Und so stehen wir hier an einem Samstag, der im Judentum der siebente Wochentag - der Ruhetag - ist. Ausgerechnet am Schabbat.

Als uns am Mittwoch dieser Woche die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde aus Frankfurt (Oder), Frau Larissa Bargtel, anrief und uns darauf hinwies, fiel es uns wie Schuppen von den Augen.

Am Schabbat ist es im Judentum verboten zu arbeiten und zu reisen. Und wir veröffentlichen die Stolpersteine hier in Herzfelde ausgerechnet am Schabbat und nehmen den Jüdinnen und Juden die Möglichkeit hier anwesend zu sein. Ich bitte dafür aufrichtig um Entschuldigung.

Heute vor 76 Jahren wurde Deutschland vom Terrorregime der Nationalsozialisten befreit. Es war das Ende der Gewaltherrschaft und des Zivilisationsbruch der Shoah.

Ziel der Stolpersteine, welche seit 1996 in Deutschland und ganz Europa verlegt wurden, ist es, den Opferns ihre Namen zurückzugeben. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", sagt Gunter Demnig, der Initiator der Stolpersteine, der bis heute jeden einzelnen Stein persönlich fertigt. Es waren Nachbarn und Freunde, Menschen die unter und mit uns lebten, die von den Nazis verschleppt, gefoltert und getötet wurden.

Das Kaufhaus Herrmann war eine bekannte Adresse. Wegen seiner fairen Preise für Wäsche und Textilien war es gerade bei ärmeren Kunden ebenso beliebt, wie für seine angenehme und freundliche Atmosphäre.

So erinnern die nun verlegten Stolpersteine an den letzten frei gewählten Wohnsitz der Familie Herrmann. An Emma, Paul, Antonie, Günter und Rolf Martin. Emma, Paul, Antonie und Günter wurden deportiert und sind in den Konzentrationslagern Theresienstadt, Auschwitz und Auschwitz-Birkenaus auf grausame Art und Weise umgekommen. Großes Glück hatte Rolf Martin, der in einem mit Hilfe der Bankiersfamilie Rothschild finanzierten Kindertransport nach Frankreich gelangte. Er wanderte später in die USA aus und verstarb dort, 2019, in Chicago.

Unsere Aufgabe ist es, nicht nur die Erinnerungen hoch zu halten, sondern auch heute entschieden zu widersprechen, wenn Hass und Hetze um sich greifen. Wenn nach wie vor Antisemitismus spürbar und erlebbar ist. Wenn Menschen aufgrund ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder ihrer Art zu leben, angefeindet werden oder ihnen gar das Recht auf freie Entfaltung abgesprochen wird. Lassen Sie uns dem mit einem entschiedenen "Nie wieder!" entgegen treten!

Vielen Dank an Frau Franke und ihre AG Stolpersteine vom Heinitz-Gymnasium in Rüdersdorf.

Vielen Dank auch an all diejenigen, die trotz der Umstände eine dem Anliegen würdige Veranstaltung ermöglicht haben.